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wunderhoeren
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OB Michael Kissel




„Uns ist in alten maeren wunders vil geseit
'von helden lobebaeren, von grozer arebeit,
von fröuden, hochgeziten, von weinen und von klagen,
von küener recken striten ...
muget ir nu
wunder hoeren sagen.
Begleitwort von OB Michael Kissel

In der ersten Strophe des Nibelungenliedes geht es um die Verwunderung, die alte Geschichten und deren Vortrag auslösen. Die Stadt Worms kennt viele solcher Geschichten und sie hat das Potenzial, alte Musik und Literatur an authentischen Orten zu präsentieren.
Durch das Nibelungenlied besteht eine literarische Verknüpfung von überregionaler Bedeutung mit dem europäischen Mittelalter. Aber auch Kelten und Römer siedelten hier, die jüdische Kultur Westeuropas blühte in den Lehrhäusern am Rhein und Luther stieß beim Reichstag 1521 das Tor zur Reformation auf. Und die Wormser Kirchenbauten sind die authentischen Orte dieser Geschichte/n.


Die Blütezeit der Stadt ist die Zeit der Staufer und des Nibelungenliedes im 12. und 13. Jahrhundert und das drückt sich aus in bedeutenden Bauten der Romanik und Gotik, vom Dom über die ehemaligen Stiftskirchen St. Andreas, St. Paul und St. Martin bis hin zu Magnus- und Bergkirche, zu Liebfrauen und der Renaissancefassade des Roten Hauses.
In der Metropolregion Rhein-Neckar gibt es bisher kein Festival, das sich dieser Thematik annimmt. Worms leistet auf diese Weise also auch einen Beitrag zur Regionalkultur. Gefördert und unterstützt wird „wunderhoeren“ von der BASF als Hauptsponsor und von SWR 2 und Wormser Zeitung als Medienpartner sowie Wormser Vereinen und Kirchengemeinden, dafür ein herzliches Dankeschön.

Mit dem Programmangebot sollen unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden. Kirchenmusik, Minnesang, Instrumentalmusik, Chorkonzerte, Weltmusik, Rezitation und Crossover zu Jazz und anderen Musikstilen strukturieren das Programm.
Ich lade Sie herzlich ein, in Worms die frühe Kultur Europas und ihre Begegnung mit anderen Kulturen der Welt an historischen Orten zu erleben.

Michael Kissel
Oberbürgermeister der Stadt Worms


Viele Wege führen nach Rom
Beitrag von Marc Lewon

Die praktische Beschäftigung mit der Musik des Mittelalters setzte zwar schon im 19. Jahrhundert mit den vereinzelten Experimenten interessierter Mittelalterforscher ein, doch erst seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden ernsthafte Versuche unternommen, die Musik zwischen 1100 und 1500 wieder in den Kulturbetrieb zurückzuholen. Dabei haben sich im Laufe der Jahrzehnte verschiedenste Ansätze herauskristallisiert, wie Aufführende mit der musikalischen Hinterlassenschaft dieser fernen Zeit umgehen. Je nach persönlichem Hintergrund, Interesse und Motivation kann die praktische Auseinandersetzung dieser Musik heutzutage unter den vielfältigsten Zeichen stehen, die jeweils ihre musikalische Berechtigung einfordern dürfen: Sei es das Bedürfnis, über die Rekonstruktion von Instrumenten und dem Ausprobieren von Spieltechniken auf wissenschaftlichem Wege neue Erkenntnisse über vergangene Kulturen zu gewinnen, sei es der Wunsch, eine verlorene Klangwelt möglichst originalgetreu wiederzubeleben, oder seien es die Beweggründe, sich von historischen Abbildungen, Instrumenten oder Persönlichkeiten zu eigenen Kreationen inspirieren zu lassen, sich alter Melodien für neue Musik zu bedienen, wie das z.B. auf den so beliebten „mittelalterlichen Handwerkermärkten“ zu hören ist, wo zusätzlich Brücken zu Volksmusiktraditionen geschlagen werden.
Und so erklärt es sich, daß unter dem Begriff „mittelalterliche Musik“ derart unterschiedliche Klangerlebnisse zusammengefaßt werden, wie sie in der zeitgenössischen Konzert- und CD-Landschaft anzutreffen sind.
Mit dem Programm der ersten „Tage Alter Musik & Literatur in Worms – wunderhoeren“ wird versucht, dieser Vielfalt gerecht zu werden, die verschiedenen Ansätze zu Wort kommen zu lassen und so ein Kaleidoskop der Interpretationen und Klangwelten über die 11 Veranstaltungen hinweg zu präsentieren: Es finden sich Ansätze aus dem Bereich der experimentellen Archäologie, wie mit dem Ensemble Musica Romana zu hören sein wird. Es finden sich Konzerte, die dem Feld der historisch informierten Aufführungspraxis zugerechnet werden können, wie die Aufführungen der Ensembles La Mouvance, Les haulz et les bas, Andreas Scholl & Shield of Harmony sowie Paulinum. Die Verwendung mittelalterlicher Musik für neue Klänge läßt Ensemble Cosmedin hören, ebenso wie Oni Wytars, die sich überdies besonders auf die Aneignung von Volksmusiktraditionen spezialisiert haben – Traditionen, denen man auch über das Konzert des georgischen Antchis Chati Chor ganz hautnah nachspüren kann. Die Inspiration von historischen Persönlichkeiten und Texten von besonderer Strahlkraft wird durch den literarischen Teil des Festivals bestritten: bei Brückner & Erkens, sowie Dutli & Fuhrmann in einer Verbindung von altem Wort und neuem Ton, bei der Aufführung von Wortkino durch das theatralische Element.
Dabei sind bekannte Stars ebenso zu hören und zu sehen, wie junge Ensembles und Musiker, die gerade ihre Karriere entfalten – eines aber haben alle Ansätze, alle Programme und Aufführenden gemein: sie interpretieren Geschichte mit kreativer Kraft und künstlerischem Gehalt. Ich freue mich, Ihnen das bunte, anspruchsvolle und unterhaltsame Programm präsentieren zu dürfen.


Wormser Musikgeschichte/n
Beitrag von Volker Gallé

In der ersten Strophe des Nibelungenliedes geht es zweimal um Wunder, um das Sagen von Wundern in alten Geschichten und um das Hören von Wundern beim Vortrag des Epos. Und wenn wir heute alte oder frühe Musik hören, dann wundern wir uns oft, nicht nur weil uns beim ersten Hören manches fremd scheint und sich erst mit der Zeit, beim Hinhören auflöst, sondern auch wegen des Wunderbaren, das in dieser Musik steckt: Ruhe und Ent-schleunigung, die vielfach verzierten Melodien, der handgemachte Ton, der erzählende Gestus, das rhythmische Temperament, der chorische Kommentar. Als ich nach einem Namen für das neue Wormser Festival gesucht habe, das vom 1.4. bis 15.5.2011 erstmals an historischen Orten sein Publikum sucht, fiel mir gleich diese Stelle im Nibelungenlied ins Auge. Das Wundern will gelernt sein in einer Zeit, die schon alles zu kennen glaubt und eher darauf ausgerichtet ist, das Bekannte in neuen Färbungen und Variationen zu genießen. Es gibt aber immer noch viel Fremdes, das sich zu entdecken lohnt, sogar in der eigenen Geschichte.
Die Stadt Worms hat das Potenzial, alte Musik und Literatur an authentischen Orten zu präsentieren. In der Metropolregion Rhein-Neckar und darüber hinaus ist das eine einzigartige und bisher nicht in vollem Umfang genutzte Chance, Geschichte lebendig werden zu lassen. Durch das Nibelungenlied besteht eine literarische Verknüpfung von überregionaler Bedeutung mit dem europäischen Mittelalter. Und vor allem die Wormser Kirchenbauten sind authentische Orte. Der Schwerpunkt der Wormser Überlieferung liegt dabei in der Zeit von der Antike bis zur Renaissance, von den Römern bis zu Luther.

Die Blütezeit der Stadt ist die Zeit der Staufer und des Nibelungenliedes im 12. und 13. Jahrhundert und drückt sich aus in bedeutenden Bauten der Romanik und Gotik (Dom, Andreasstift, St. Paul, St. Martin, Magnuskirche, Liebfrauen, Bergkirche, Rotes Haus).
Mit dem Programmangebot von „wunderhoeren“ sollen unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden. Kirchenmusik, Instrumentalmusik, Chorkonzerte, frühe Orgelmusik, Minnesang, Rezitation, Crossover zu Jazz und neuer Musik strukturieren das Programm. Kooperationen mit regionalen und lokalen Kulturnetzwerken und Sponsoren gehören ebenso zur Basisausstattung wie Einführungen, Kirchenführungen, Programmhefte und Workshops sowie andere Angebote kultureller Bildung.
Die BASF fördert das Projekt als Hauptsponsor – erste Teilprojekte waren und sind ins Programm des Stauferjahres integriert.

MUSIK UND ARCHITEKTUR

Für Augustinus sind „Musik und Architektur Schwestern, da sie beide Kinder der Zahl sind, sie haben die gleiche Würde, da die Architektur die ewige Harmonie widerspiegelt und die Musik ihr Echo ist.“ (Otto von Simson, Die gotische Kathedrale, Darmstadt 1968, S. 38). Die Kunstlehre der Spätantike fußt auf Platons „Timaios“, nach dem nur jene Kunstprodukte als schön gelten können, die sich der Zahlen, Maßen und Proportionen der metaphysischen Theorie bedienten. Im Bereich der Musik fußten diese Zahlenverhältnisse auch auf den Forschungen der Pythagoreer zu den Intervallproportionen. Am Monochord kann jedermann auch heut e leicht feststellen, dass die Oktav durch Halbierung, also im Verhältnis 1:2 entsteht, die Quint durch Drittelung (2:3), die Quart durch Viertelung (3:4) und die Terz durch Fünftelung (4:5) der Saite. Diese Zahlenverhältnisse finden sich z.B. in einem Buch des französischen Architekten Villard de Honnecourt (1225-35) wieder. Er setzt u.a. fest, dass sich Haupt- und Seitenschiff sowie Länge und Breite des Querhauses einer gotischen Kirche im Verhältnis 1:2 gebaut werden sollen (Oktav), die Länge der Kirche zum Querhaus im Verhältnis 2:3 (Quint) und der Chor im Verhältnis 3:4 (Quart). Es ist in der heutigen Kunstgeschichte umstritten, ob tatsächlich nach diesen kosmologischen Grundsätzen gebaut wurde oder nach handwerklichen Erfahrungen und Abwägungen. Fest jedenfalls, dass sich vor allem in der Renaissance eine ausgefeilte Proportionslehre in allen Künsten, von der Musik über Malerei und Plastik bis hin zur Architektur entfaltete. In der venezianischen Mehrchörigkeit (Mitte 16. Jh., u.a. Gabrieli und Monteverdi, auch Einflüsse auf Heinrich Schütz)  wurden der Raum und seine Akustik schließlich bewusst genutzt, indem die Komponisten vorschrieben, dass Chöre von verschiedenen Orten im Kirchengebäude aus zu singen hatten.
Auch wenn es zu den Wormser Bauten bis zur Renaissance bisher keine Untersuchungen zu einer im Bau umgesetzten Proportionenlehre gibt, so sind es doch authentische Bauten für die Aufführung alter und früher Musik. Zwar sind aus römischer Zeit keine Gebäude erhalten, aber mit dem Dom, der Magnuskirche, der Andreaskirche, St. Martin und St. Paul sowie der Bergkirche gibt es doch eine beeindruckende Zahl an romanischen Kirchen, bzw. Kirchen mit romanischen Bauteilen. Das Radfenster am Dom-Westchor weist bereits in Richtung Gotik und die Liebfrauenkirche schließlich ist eine berühmte gotische Wallfahrtskirche. Romanische Ursprünge hat auch die 1959-61 wiedererrichtete Synagoge. Im Innenhof des Rathauses finden sich mit dem Reichsstädtischen Archiv und dem anschließenden Gewölbe noch Rest des spätgotischen Bürgerhofs. Das Rote Haus ist im Kern ein Renaissancebau von 1624. Und in einigen Innenhöfen im Stadtkern finden sich noch Renaissance-Treppentürme.

MUSIKGESCHICHTE VOR ORT

Gerhard Pietzsch hat in einem Aufsatz für den Wormsgau (1956, S. 249-282) die Geschichte in Worms bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts untersucht. Er kommt darin zum Schluß, dass der Raum an „fränkischen Oberrhein...zu allen Zeiten, besonders aber um die Wende des 15. Jahrhunderts in seiner Mittlerfunktion zwischen den mittel- und oberdeutschen und den niederländisch-burgundisch-französischen sowie den italienischen und spanischen Kulturkreisen“ (S. 280) zu sehen sei. Er geht davon aus, dass die Musik als Teil des „Quadriviums“ (lat. vier Wege),des mathematischen Teils der sieben freien Künste, die den Wissenschaftskanon des Mittelalters bestimmten, auch Teil der Ausbildung in den Wormser Klosterschulen war, insbesondere in der unter Bischof Burchard (1000-1025) besonders aktiven Domschule. In diesem Umfeld hat er auch Musiktheoretiker und Komponisten ausgemacht wie den in Chartres ausgebildeten Olbert vom Gembloux (980-1048) und den zeitweise im Neuhauser Cyriakusstift lebenden Bischof Dietger von Metz (gest. 1047) . Beziehungen zu Worms hatten vor allem die Minnesänger Bligger von Steinach und Friedrich von Hausen. Eine Domorgel wird erstmals 1259 erwähnt, Domkantoren gibt es bereits seit 1016. Zu den Reichstagen von 1495 und 1521 reisten kaiserliche und fürstliche Hofkapellen an. Diese umfassten einen Chor von ca. 20 Personen incl. Organist, nochmals ca. 20 Chorknaben sowie eine Kapelle mit Pfeifern, Trommlern, Posaunisten und vor allem Trompetern sowie einem Lautenisten. Bekannt ist vor allem Johannes von Soest, der um 1500 die burgundisch-niederländische Choralpolyphonie nach Deutschland vermittelte. 1561 erscheint das Buch „Reformation, Lob und Satzung der edlen und lieblichen Kunst der Musica, in Reimen gestellt durch Casparn Scheyten, Pedagogen zu Wormbs“. Überliefert sind auch einige wenige Notenhandschriften aus Worms, u.a. Antiphone und Messen. Die historischen Gebäude von Worms waren also auch in das musikalische Leben ihrer Zeit einbezogen.
Was für die Musik gilt, gilt in noch viel höheren Maß für die Literatur, angefangen vom Waltharius aus dem 10. Jahrhundert über das Nibelungenlied um 1200 und das Rosengartenlied aus dem 13. Jh. bis zum Volksbuch vom „Hürnen Seyfrit“ aus dem 16. Jh..  Auch der Minnesang, die Schwanktradition und die jüdische Sagenüberlieferung findet in Worms lokale Anknüpfungen. Aber natürlich lassen sich aufgrund des europäischen Zusammenhangs der Kultur auch alle anderen zeitgenössischen Autoren hier verlebendigen, vom Abaelard über Meister Eckart bis hin zu Luther, Melanchthon und Erasmus von Rotterdam. Geistliche Spiele oder Fastnachtsspiele inkl. der im Mittelalter beliebten Eselsmesse passen zu den erhaltenen historischen Bauten der Stadt.
Die alte oder frühe Musik wurde für solche Gebäude geschrieben. Da passt die Akustik, aber auch die Bauästhetik erleichtert das Einfühlen in die Klänge von damals. Die mittelalterliche Überlieferung bis zu Renaissance und Reformation ist ein gutes Fundament, um das Wormser Kulturprofil bei den Nachbarn in den Metropolregionen Rhein-Neckar und Rhein-Main und darüber hinaus zu schärfen.




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